|
Vor- und Nachteile der SuSE-Distribution
- (von Oliver Rebach am 30. Sep 1997)
Meine Lieblingsdist ist die Slackware, weil sie schön kompakt
ist. Ich habe hier einigermaßen komplette Installationen, die
belegen 250 MB (ohne Swap und Anwenderdaten). Da ist kein
Schnickschnack bei. Das funktioniert natürlich nur an der Uni,
wo mich die Welt in Form der freundlichen 10MBit BNC-Dose anblinzelt
und ich mich, wenn mir ein Paket fehlt, über 2-3 stellige
FTP-Übertragungsraten freuen kann. Denn der Slackware fehlen
leider einige AddOns, die zwar schnell kompiliert und zu Pakages
verarbeitet sind - nichts desto weniger ist eine gute
Internetanbindung Pflicht. Außerdem kann man die Slack kaum
einem Anfänger ohne detailierte zusätzliche Doku an die
Hand geben. Das Package-tool kennt keine Abhängigkeiten; man muß
nahezu alle Konfigurationsdateien kennen, da es nur wenige
Adminstrationstools gibt. - Naja, ich schreibe dazu gerade etwas.
Für zu Hause sieht die Sache anders aus. Mein altes 14.4er
Modem ist eben nicht der Renner. Da möchte ich viel Software auf
CD haben. Lange Zeit habe ich entweder Diskettenstapel durch die
Gegend getragen, oder halt hin und wieder den Rechner mitgenommen.
Aber das was man gerade braucht hat man oft doch nicht. Also habe ich
mir zunächst die SuSE besorgt. Vorweg: es ist eine gute
Distribution. Es ist die einzige Dist, die ich einem Anfänger
unbesehen an die Hand geben würde. Aber:
das Mädel hat Übergewicht. Lange war mir unklar,
warum SuSE für die gleichen Essentials 50-100% mehr Platte
braucht als die Slack. Das Licht ging mir auf, als ich fetchmail
installieren wollte, und Yast meinte, mir gleich dazu den ganzen
POP3-Server auf die Platte müllen zu müssen. Beim
Durchsehen der anderen Pakete sah ich, der Wahnsinn hat Methode. OK,
wenn Plattenplatz kein Thema ist, ist das in Ordnung. Die Anzahl der
Pakete bleibt zumindest einigermaßen überschaubar, und es
fehlt nichts.
SuSE ist vielfach langsam. Mein Rechner ist durchaus nicht
untermotorisiert, trotzdem braucht X ewig zum Starten. (Ja ich weiß,
die Icons sind abschaltbar - trotzdem ist der fvwm2 erheblich
langsamer als die Version 1). Emacs wird bei SuSE in einer
Konfiguration gestartet die fast 20sec benötigt (weiß der
Geier, was das Ding da LISPelt, meine LISP-Kenntnisse reichen nicht,
um das zu ändern). Und noch ein paar Programme, die ich jetzt
auswendig nicht auf die Backe kriege...
SuSE ist bei der Konfiguration anders. (Nein, nicht
schlechter - nur anders). Jedoch so subtil anders als die anderen
Systeme, daß es immer schwer ist, sich die verschiedenen
Details zu merken. (Ein richtig subjektives Argument, was rein
persönlich Vorlieben zeigt: Wenn zwei System so richtig
verschieden sind, habe ich weniger Probleme, als wenn sich die
Unterschiede in winzigen aber letztlich entscheidenden Kleinigkeiten
zeigen.) Ich weiß nicht, wie oft mir "SUSEconfig"
Änderungen in den "klassischen" Systemdateien wieder
übergebügelt hat, weil ich mal wieder nicht die
SuSE-Philosophie berücksichtigt habe.
Jetzt hab ich mir halt vor drei Wochen Debian besorgt. Und es kam
wie es kommen mußte :-), die Installation dauerte drei Mal so
lange, wie die der anderen Dists. Hab ich bei SuSE auf die großen
Pakete geschimpft, waren es hier fast zu viele. Fehlen mir bei Slack
die Dependencies, sind sie bei Debian zu strikt ( Na ja, ich hab mir
dann die Source-Pakete genommen, und in der Konfigurationsdateien
'rumgehackt). Das ganze sieht aber einigermaßen rund aus, und
langsam verstehe ich die Philosopie dahinter: typisch GNU, 150%-ig,
daher wenig eingängig.
Theoretisch brilliant, aber manchmal unkomfartabel. Halt so das
absolute Gegenteil zu M$'s "außen hui innen
pfui"-Paradigma - macht mir das ganze natürlich sehr
sympatisch. Außerdem: wer möchte sich schon eingestehen,
daß das alles nach der ganzen Arbeit, die man mit dem Kram
hatte, für die Katz war. Wenn man so ein Baby dreimal länger
hätschelt als z.B. SuSE, dann muß das besser sein. Ich
kann mich von diesem Wahn warscheinlich auch nicht ganz freisprechen
;-)
Jetzt muß ich eigentlich nur noch eine Rotmütze testen.
Mal schauen, ob ich irgendwelche langen dunklen Winterabende dazu
finde. Ich hab z.Zt. das Glück, eine 1GB-Partition für
Experimente frei zu haben.
|